Das Meer

Einige Pinguinarten verbringen bis zu drei Vierteln ihres Lebens im Wasser. Dort sind sie in ihrem Element, denn Pinguine sind an ein Leben im Wasser bestens angepasst: Mit ihrem stromlinienförmigen Körper gleiten sie fast widerstandslos durch das kühle Nass und die kräftigen Flossen sorgen für einen schnellen Vortrieb.

Pinguine brüten an Land, aber sie müssen regelmäßig ins Wasser, um sich und ihren Nachwuchs mit Nahrung zu versorgen. Mit ihrem spitzen Schnabel schnappen Pinguine Fische oder Krebstiere, die hauptsächlich in großen Schwärmen vorkommen.

Schwimmende Brillenpinguine in der Nähe von Boulders Beach, Südafrika

Verfügbarkeit von Nährstoffen

Pinguine brüten vorzugsweise an Küstenregionen, die an kalten Meeresströmungen liegen. Diese bieten nämlich besonders viel Nahrung: Tote Lebewesen sinken auf den Meeresgrund bzw. schweben in der Tiefsee (vor allem im Abyssal), wo sie von sogenannten Destruenten zersetzt werden. Das sind zum Beispiel Bakterien oder Pilze, die sich von bestimmten chemischen Verbindungen aus den toten Lebewesen ernähren. Dabei setzen sie ihre Abfallstoffe frei, die vielen anderen Lebewesen wiederum als Nährstoffe dienen. Diese Nährstoffe steigen vor allem mit kaltem Wasser auf. Auch Gase wie Kohlenstoffdioxid lösen sich besser in kaltem Wasser.

In lichtdurchfluteten Schichten des Meeres werden Kohlenstoffdioxid und die Nährstoffe von Pflanzen und bestimmten einzelligen Lebewesen (Phytoplankton) genutzt, indem sie Fotosynthese betreiben, dadurch Energie gewinnen und Biomasse aufbauen können. Diese Lebewesen bilden die Nahrungsgrundlage für viele andere Meereslebewesen, die sich dann ebenfalls vermehren können. Einige Fische fressen zum Beispiel einzellige Lebewesen und die Fische werden wiederum von Pinguinen gefressen.

Pinguine an kalten Meeresströmungen

Der Antarktische Zirkumpolarstrom zieht sich einmal rund um die Antarktis. Wenn das Eis zum Sommer hin schmilzt, wächst besonders viel Phytoplankton. Dieses Phänomen ist allgemein auch als Algenblüte bekannt. Da der Antarktische Krill (eine Leuchtgarnelenart) sich von Phytoplankton ernährt und sich selbst somit ebenfalls vermehrt, bietet der Zirkumpolarstrom wiederum viel Krill für die antarktischen Adelie-, Zügel-, Esels- und Kaiserpinguine.

Eselspinguine, die auf den Falkland-Inseln brüten, bedienen sich gerne am nahrungsreichen Falklandstrom. Dort fressen sie besonders häufig Vertreter der Antarktisdorsche, falkland-spezifische Sprotten oder den patagonischen Tintenfisch.

Der Humboldtstrom fließt entlang der Westküste Südamerikas und ernährt die dort brütenden Humboldt- und Galapagospinguine vor allem mit Schwarmfischen wie Sardinen und Sardellen. Der Humboldtpinguin frisst auch gerne den Humboldtkalmar oder Makrelen, während der Galapagospinguin, der zusätzlich vom Cromwell-Strom an der Westseite der Galapagosinseln bedient wird, Jagd auf Meeräschen oder Heringe macht.

An der Westküste Afrikas fließt der Benguelastrom vom Kap der Guten Hoffnung zum Äquator. Der Benguelastrom ist ebenfalls reich an Sardinen und Sardellen, aber auch an Bastardmakrelen, die gerne von Brillenpinguinen verspeist werden.

Pinguine an warmen Meeresströmungen

Pinguine in Australien und Neuseeland sind eher von warmen Meeresströmungen umgeben. Der Ostaustralstrom ist normalerweise nährstoffarm. Im dortigen Frühling und Sommer werden Nährstoffe aus tieferen Schichten hochgewirbelt. Dies kann zum Beispiel durch bestimmte Windverhältnisse oder Interaktionen des Westaustralstroms mit der Küstenregion passieren. Dann entstehen Strudel, die Nährstoffe auftreiben lassen. Das Plankton vermehrt sich in dieser Zeit sehr stark und bietet Konsumenten wie den Zwergpinguinen, anderen Seevögeln oder Robben einen reich gedeckten Tisch. Zwergpinguine fressen neben Sardinen und Sardellen auch Sprotten und während der Jungenaufzucht vor allem Krill und Tintenfische.

In Neuseeland treffen warme, subtropische Strömungen und der Antarktische Zirkumpolarstrom aufeinander. Neuseeländische Pinguinarten kommen vor allem auf der Südinsel und auf umliegenden Inseln wie die Snares- oder Antipoden-Inseln vor. Diese Regionen werden eher vom kalten Klima der Antarktis beeinflusst. Gelbaugen-, Dickschnabel- oder Snares-Dickschnabelpinguine fressen zum Beispiel Kabeljau, Tintenfische oder Krill.

Pinguine als Anzeiger für Veränderungen im Ökosystem Meer

Die Beobachtung von Seevögeln kann Auskünfte über veränderte Klimabedingungen oder Verfügbarkeiten von Nahrung geben. Seevögel haben den Vorteil, dass sie im Wasser gut zu verfolgen sind und regelmäßig an Land in großer Zahl zum Brüten zusammenkommen. So können recht einfach Jagdgebiete identifiziert und Zählungen durchgeführt werden. Die Ergebnisse aus mehreren Jahren können verglichen werden.

Mit technischen Geräten können zudem Informationen über den Stresslevel der Tiere oder Tauchtiefen, Nahrungszusammensetzungen (über Isotope) und Energieverbrauch bei der Nahrungssuche gesammelt werden.

Diese Daten können mit meereskundlichen Daten wie Meeresströmungen, Nährstoffgehalt oder Wärmeinhalte der Ozeane in Beziehung gesetzt werden und daraus Gründe für bestimmte Jagdverhalten oder Populationsschwankungen der Tiere erschlossen werden.

Bedrohung

Eine große Gefahr sind Temperaturschwankungen im Wasser: Warmes Wasser legt sich auf das kalte Wasser, sodass die Nährstoffe nicht mehr an die Wasseroberfläche aufsteigen können. Wenn sich die Temperatur an der Wasseroberfläche erwärmt, wandern Fische ab oder halten sich in größeren Tiefen auf.

Genau diese Auswirkungen konnten in bestimmten Phasen der El Niño Südlichen Oszillation (ENSO) beobachtet werden. Die ENSO beschreibt natürliche und regelmäßige Schwankungen der Meeresströmungen (beschrieben durch El Niño) und Veränderungen im Luftdruck (beschrieben durch die Südliche Oszillation) im östlichen Pazifik.

In den kalten Phasen (auch La Niña genannt) ist die Wassertemperatur niedrig und der Luftdruck hoch. Nährstoffe sind im Wasser reichlich gelöst und die Meereslebewesen können entspannt fressen und leben.

In warmen Phasen, also während eines El-Niño-Ereignisses, ist die Wassertemperatur erhöht und der Luftdruck niedrig.

Neben dem Luftdruck und der Wassertemperatur verändern sich auch andere Parameter wie Niederschlag und Windrichtung in den warmen und kalten Phasen.

Besonders Galapagospinguine sind durch diese Ereignisse gefährdet: Von dieser Pinguinart leben nur noch 1.200 erwachsene Tiere in einem sehr begrenzten Gebiet, den Galapagosinseln. Frühere Studien haben gezeigt, dass ENSO-Ereignisse die Populationen drastisch reduzieren können: Nach den besonders stark ausgeprägten Ereignissen in 1982/83 und 1997/98 waren nur noch 77% bzw. 65% vom ursprünglichen Bestand übrig.

Durch die Erhöhung der Wasseroberflächentemperatur sind dort nicht mehr genug Nährstoffe gelöst, sodass die Produzenten nicht mehr ausreichend Biomasse produzieren. Weitere Glieder der Nahrungskette wie Fische verlieren ihre Nahrungsgrundlage und wandern in andere Gebiete ab, in der sie noch ausreichend Nahrung finden. Da Pinguine aber auf die Küsten als Brutorte angewiesen sind, können sie nicht so einfach mit ihrer Beute mitziehen. Die Folgen für die Pinguine sind der Hungertod oder sie müssen weitere Strecken schwimmen, was einen höheren Energieverbrauch bedeutet. Dadurch haben sie aber nicht mehr genügend Energie, um sich um ihren Nachwuchs zu kümmern. Außerdem sorgen heftige Niederschläge dafür, dass die Nester überflutet werden.

Insgesamt sind ENSO-Ereignisse also von einer hohen Sterblichkeit der erwachsenen Tiere und einem verringerten Bruterfolg gekennzeichnet.

Auch in anderen Regionen wie Australien wurden Schwankungen von Meeresströmungen wie dem Ostaustralstrom beobachtet. Auch hier führte eine wärmere Wasseroberflächentemperatur dazu, dass Zwergpinguine weniger Nahrung fanden.

Durch die gefürchtete Erderwärmung könnten solche Effekte auch unabhängig der natürlichen Schwankungen in Meeresströmungen auftreten, wenn die Wassertemperatur aufgrund des Treibhauseffekts ansteigt.


Hinweis zu den Bezeichnungen der Beutetiere: Ich habe auf dieser Seite vorzugsweise die Beutetiere der Pinguine genannt, die gut auf Deutsch übersetzt werden konnten. In der Fachliteratur werden die Tiere auf Englisch oder Latein erwähnt, diese Begriffe wollte ich hier nicht nennen. Deshalb solltet ihr beachten, dass es sich hier lediglich um eine Auswahl an Beutetieren handelt, Pinguine fressen aber durchaus noch andere Arten von Fischen, Tintenfischen oder Krebsen.


Quellen:

  • penguins-world.com – Penguin facts
  • Sea Surface Temperature and Chlorophyll
  • Buch: Penguins – Natural History and Conservation, edited by P. G. Borboroglu and P. D. Boersma, 2013
  • Handley et al. (2016). Temporal variation in the diet of gentoo penguins at the Falkland Islands. Polar biology, 39(2), 283-296.
  • Vargas et al. (2006). Biological effects of El Niño on the Galápagos penguin. Biological Conservation, 127(1), 107-114.
  • Roughan & Middleton (2002). A comparison of observed upwelling mechanisms off the east coast of Australia. Continental Shelf Research, 22(17), 2551-2572.
  • Gales & Pemberton (1990). Seasonal and Local Variation in the Diet of the Little Penguin, Endyptula-Minor, in Tasmania. Wildlife Research, 17(3), 231-259.
  • Piatt et al. (2007). Introduction: a modern role for seabirds as indicators. Marine Ecology progress series, 352, 199-204.
  • IUCN Red List – Galapagos Penguin, abgerufen im Februar 2022
  • Carroll et al. (2016). High sea surface temperatures driven by a strengthening current reduce foraging success by penguins. Scientific reports, 6(1), 1-13.


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